Ein Markt für Strom für ganz Europa – wozu?

Der Elektrizitätsbinnenmarkt, seit 1999 in Kraft, soll allen Konsumentinnen und Konsumenten in der Europäischen Union die freie Wahl der Lieferanten ermöglichen, den Umweltschutz erhöhen, den grenzüberschreitenden Handel fördern und durch eine bessere Ausnutzung der Kraftwerke und der Stromnetze Effizienzgewinne, wettbewerbsfähige Preise und eine höhere Dienstleistungsqualität bewirken.

Obwohl die Schweiz nicht Teil der EU ist, wirken sich diese Spielregeln der EU direkt auf unsere Stromproduktion aus, denn es gibt nur einen einzigen Marktplatz und es herrscht Wettbewerb.

Das Ziel: Dekarbonisierung und Wettbewerb
Ziel der EU ist es, bis 2050 die CO2-Emissionen auf «netto null» zu senken. Dazu werden die grossen Potentiale der erneuerbaren Energien und die Stromspeicher auf dem ganzen Kontinent verfügbar gemacht. Es gilt das Prinzip der offenen Netze. Der nichtdiskriminierende Zugang zu den Stromnetzen ist allen Handelspartnern garantiert. Die grenzüberschreitenden Übertragungsnetze werden verstärkt. Kraftwerke mit erneuerbaren Energien werden ausgebaut und mit wettbewerblichen Instrumenten gefördert.  

Abb. 1 Die Stromerzeugung aus Sonnen- und Windkraft hat die Kohle überholt

Abb. 2 Rückgang der konventionellen Fossilen und nuklearen Energieerzeugung in der EU
Quelle: Agora: The European Power Sector in 2019, Up-to-Date Analysis on the Electricity Transition (2020)

Damit die Dekarbonisierung gelingt, muss die witterungsabhängige Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen in den Strommarkt integriert werden. Zu diesem Zweck wird die unterstützende Infrastruktur mit erheblichen Geldmitteln ausgebaut und unterstützt: flexiblere Erzeugung, ausreichende Netze, Laststeuerung und Energiespeicher. Ziel des Strombinnenmarktes ist, alle Endkunden – Haushalte und Unternehmen – mit gesichertem, nachhaltigem, wettbewerbsfähigem und erschwinglichem Strom zu versorgen.
Die Stromerzeugung in der EU stammt inzwischen zu 44,6% aus erneuerbaren Energien. Die Stromproduktion aus Kohle hat sich von 818 TWh (2010) auf 470 TWh (2019) vermindert.

Gemeinsam zu mehr Versorgungssicherheit
Das Netzwerk der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) koordiniert den Netzausbau der Länder. Der grosse Perimeter des Marktes ermöglicht Ausgleichseffekte im Zusammenspiel von Sonnen-, Wind- und Wasserkraft sowie Biomasse und Speicherkraftwerken.

Abb. 3 Ein Markt mit fünf Regelzonen für ganz Europa (Grafik Wikimedia)

Gleiche Regeln für alle EU-Mitgliedstaaten:

  • Neue Grosskraftwerke erhalten während 15 bis 20 Jahren eine feste Preisgarantie, basierend auf Auktionen.
  • Kleine Kraftwerke mit erneuerbaren Energien erhalten feste Vergütungen. Ihre Einspeisung geniesst Vorrang.
  • Eigenproduktion und Eigenverbrauch von sauberem Strom dürfen nicht diskriminiert werden.
  • Jedes EU-Land muss die Produktion von sauberem Strom steigern.
  • Die CO2-Emissionen der EU sollen bis 2030 um 55% sinken. Um dies möglichst kostengünstig zu erreichen, muss das Stromsystem auch die Energieeffizienz fördern.

Stefan Batzli, Co-Geschäftsführer AEE SUISSE

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